(Bayernliga-Memmingen) Nach dem Aus der Männermannschaft des ECDC Memmingen im Play-off-Viertelfinale gehörten die vergangenen beiden Wochen in der „Eishockeystadt“ dem Nachwuchs und den Frauen. Während beispielsweise die ganz kleinen „Indianer“ in der Eissporthalle noch ein internationales Kleinschülerturnier ausrichteten und gewannen, feierten die ECDC-Mädels auf dem Rathausbalkon im Beisein von Oberbürgermeister Dr. Ivo Holzinger ihr „Double“ aus deutscher Meisterschaft und Pokalsieg. Im Hintergrund werkelte indes Indians-Sportchef Sven Müller am Kader der ersten Mannschaft und trieb die Planungen für die kommende Saison voran. Über den aktuellen Stand und eine Bewertung der abgelaufenen Spielzeit spricht er im Interview mit memmingen-indians.de:
Frage: Mit etwas Abstand, wie bewerten Sie die vergangene Spielzeit in der Bayerischen Eishockey-Liga?
Sven Müller: Mit dem frühen Aus im Viertelfinale waren wir natürlich alle nicht zufrieden. Die Gründe dafür lagen aber schon in der schwachen Meisterrunde, die wir nur als Vierter abgeschlossen haben. So sind wir mit Waldkraiburg gleich auf das wohl stärkste Team getroffen. Wir hatten dieses Jahr bewusst auf Routine in der Mannschaft gesetzt, um möglichst weit zu kommen und keine Überraschungen erleben zu müssen. In vielen Spielen zeigte die Mannschaft auch, was in ihr steckt. Leider gab es keine Konstanz und so erlebten wir neben den Höhen auch einige Tiefen. Man kann schon sagen, dass wir alle mehr von dieser Mannschaft erwartet hatten und deshalb die Enttäuschung groß war.
Frage: Viele Kritiker behaupten, die Mannschaft wäre zu alt gewesen…
Müller: Ich bleibe dabei: Es gibt kein Alt und Jung. Es gibt nur gut oder schlecht. Beispielsweise Jan Benda hat alle in ihn gesteckten Erwartungen gänzlich erfüllt. Wir sind stolz, ihn in Memmingen zu haben. Auch Mike Dolezal ist ein Teamplayer, der ganz wichtig für die Mannschaft ist. Allerdings stimmt es schon, dass die Planung nicht ganz aufgegangen ist. Hierzu muss ich aber erst erklären, wie die Planungen genau ausgeschaut hatten.
Frage: Verraten Sie uns Details…
Müller: Ich wollte einen Kader mit vielen erfahrenen Spielern, die die Mannschaft führen und Ruhe ins Spiel bringen können. Dieses Team wollte ich dann mit eigenen Memminger Spielern aus dem Nachwuchs breiter gestalten. Deshalb habe ich die U19 und U23-Mannschaften zum Sommertraining mit der ersten Mannschaft nach Füssen eingeladen. Gekommen ist leider nur ein einziger Spieler. Nachverpflichtungen konnte ich zu diesem Zeitpunkt keine mehr vornehmen, da wir uns einen engen Etat gesteckt hatten, um den Schuldenabbau noch konsequenter voranzutreiben. Und so mussten wir schließlich mit einem kleinen Kader in die Runde gehen. Dass dies Probleme mit sich bringt, haben wir spätestens zum Zeitpunkt der vielen Verletzten gesehen.
Frage: Einsparungen und diese routinierte Mannschaft? Widerspricht sich das nicht?
Müller: Nein, ganz und gar nicht. Die Mannschaft war im Vergleich zu den Mannschaften des Vorjahres um mehrere tausend Euro günstiger. Deshalb ist es uns in dieser Saison gelungen, die Gesamtschulden um ein großes Stück zu verringern. Für den Verein war es allein deshalb schon eine erfolgreiche Saison. Wir haben immer wieder gesagt: Eine finanziell solide und langfristige Zukunft des Memminger Eishockeys ist das wichtigste Ziel des ECDC Memmingen. Mir und der Vorstandschaft war es wichtig, einen Kompromiss zwischen sportlichem Erfolg und finanzieller Planungssicherheit zu schaffen. Deshalb noch mal: Natürlich wären wir gerne ins Finale gekommen. Aber in der Gesamtbetrachtung, die wir in der Vorstandschaft im Auge haben müssen, war es schon eine zufriedenstellende Saison.
Frage: Schauen wir nach vorn: Wie soll es nächste Spielzeit weitergehen?
Müller: Wichtig ist, dass wir uns speziell bei den Schlüsselpositionen besser und den Kader etwas breiter aufstellen. Die Planungen hierfür laufen schon seit Wochen. Veränderungen wird es auf allen Positionen geben. Als erster Abgang steht Patrick Zimmermann fest. Für Patrick war es die letzten Jahre ein enormer Aufwand, fünfmal die Woche nach Memmingen zu fahren. Er möchte sich jetzt mehr auf den Abschluss seines Studiums konzentrieren und hat sich deshalb für einen heimatnahen Wechsel nach Königsbrunn in die Landesliga entschieden. Wir wünschen Patrick dabei ganz viel Erfolg und bedanken uns für seinen Einsatz in den ganzen Jahren.
Frage: Gibt es auch schon einen Neuzugang zu vermelden?
Müller: Es finden gerade sehr viele Gespräche statt. Fest steht bereits, dass mit Michael Simon ein waschechter junger Memminger zu uns zurückkehren wird. Er hat die vergangenen zwei Jahren in der Landesliga in Bad Wörishofen viel Spielpraxis sammeln können und ist gereift. Er will jetzt angreifen und sich bei seinem Heimatverein in der Bayernliga etablieren. Es wird weitere neue Spieler geben – namhafte, aber auch Spieler aus unserem eigenen Nachwuchs. Mir persönlich ist es wichtig, das Memminger Eishockey auch langfristig zu stärken. Hierfür habe ich ein ganzheitliches Konzept, das die Vorstandschaft und ich in den nächsten Jahren voranbringen wollen.
Frage: Können Sie das ein wenig präzisieren?
Müller: Neben der erwähnten finanziellen Sicherheit wollen wir uns auch sportlich steigern. Gelingen kann uns das mittel- bis langfristig aber nur, wenn wir unseren Nachwuchs weiter stärken und fördern, um künftig auf möglichst viele einheimische Spieler zurückgreifen zu können. Zusammen mit unserem Nachwuchsleiter Marco Kissner und unserem Nachwuchstrainer Jan Benda entwickeln wir gerade neue Trainingspläne für den Nachwuchs. Bei jedem Jahrgang wollen wir intensiver und punktgenauer trainieren. Wir wollen Spieler der ersten Mannschaft mehr in die Trainings mit einbauen, die Freifläche intensiver nutzen und überlappende Trainingseinheiten der naheliegenden Jahrgänge anbieten, damit mehr Eiszeit für die Trainings zur Verfügung steht und diese auch intensiver genutzt werden kann.
Frage: Das bedeutet auch strukturelle Änderungen…
Müller: Richtig. Für die älteren Jahrgänge in unseren Nachwuchsteams finden gerade Gespräche mit dem HC Maustadt statt. Wir denken gemeinsam über eine erneute Spielgemeinschaft nach, damit unsere Endjahrgänge U19 und U23 flexibel an den Seniorenbereich herangeführt werden können. So würden bei einer Kooperation vier Mannschaften (U19, U23, HCM und ECDC) zur Verfügung stehen. Je nach Leistungsstand können die Spieler dann in den unterschiedlichen Mannschaften eingesetzt und gefördert werden. Mit talentierten Spielern aus der U19 habe ich bereits gesprochen. Wir werden bereits in diesem Jahr versuchen, einige dieser Spieler in den Kader unserer ersten Mannschaft einzubauen.
Frage: Wie geht es in den kommenden Monaten weiter?
Müller: Wir werden nach und nach weitere Veränderungen am Kader bekanntgeben. Es wird sich vieles tun – deshalb möchte ich hier auch mal an alle Interessierten appellieren, bei uns mitzuwirken. Momentan suchen wir nach Verstärkung unseres Teams. Wir wollen uns auch in der Vereinsführung breiter aufstellen und brauchen mehr Leute in allen Bereichen: Ordner, Öffentlichkeitsarbeit, Kioskpersonal, Stadionsprecher, Marketingmitarbeiter usw. Das sind fast alles Positionen, bei denen man wirklich mitentscheiden kann und ganz nah dran ist. Es gibt viele Möglichkeiten, den Verein aktiv mitzugestalten, Ideen einzubringen und mögliche Verbesserungen durchzusetzen. Wir werden dazu zeitnah auch noch ein Treffen abhalten, an dem Fragen gestellt werden können und es Infos gibt. Wir werden sicher weiter mit aller Kraft an einer guten Zukunft des Eishockeys am Hühnerberg arbeiten, können außer Kritik aber auch immer Unterstützung gebrauchen.