Sportlicher Leiter Sven Müller im Interview mit der MZ

SvenMüller

„Im Moment ist es für uns sehr schwierig“ – ECDC Memmingen Sportlicher Leiter Sven Müller berichtet über die aktuelle Lage beim Eishockey-Oberligisten



Von Manfred Jörg (Memminger Zeitung vom 24.06.2020)


Nach wie vor unklar ist, wann und ob die kommende Eishockey-Saison beginnen kann. Wie geht Oberligist ECDC Memmingen mit dieser schwierigen Situation um? Was können die Verantwortlichen derzeit überhaupt machen? Die Memminger Zeitung befragte dazu Sven Müller, den Sportlichen Leiter der Indians.



Der neue Indians-Kader für die kommende Saison wächst kontinuierlich an. Bislang haben Sie zwölf Mann bekannt gegeben: einen Goalie, sieben Verteidiger und vier Stürmer. Aber: Jeden ECDC-Fan beschäftigt derzeit nicht zuletzt auch diese Frage: Wann geht die Saison los? Was ist aus Ihrer Sicht realistisch?

Sven Müller: Die Mannschaftsplanung war bereits beim Abbruch der vergangenen Saison sehr weit fortgeschritten und ist mittlerweile – bis auf eine Position – abgeschlossen. Auf dem Papier haben wir sicher wieder eine sehr gute Mannschaft. Allerdings können wir aktuell nur hoffen, dass wir überhaupt spielen dürfen. Geplant ist aktuell ein Saisonbeginn Mitte Oktober. Da sich die Politik aber bislang nicht zu Sportveranstaltungen äußert, Entscheidungen der Politik beinahe wöchentlich von Gerichten geändert werden und der weitere Verlauf der Pandemie einfach nicht absehbar ist, kann man im Moment leider überhaupt nichts sagen. Ich denke: Von einem Start Mitte Oktober bis zu einem kompletten Ausfall der Saison ist alles möglich. Ich fürchte auch, dass wir noch längere Zeit keine konkrete Antwort auf diese Frage bekommen werden.

Wie bereiten Sie derzeit hinter den Kulissen – gewissermaßen „in der Schwebe“ – organisatorisch alles vor?

Müller: Im Moment ist es für uns sehr schwierig, überhaupt zu planen. Unsere Kalkulation haben wir schon massiv nach unten korrigiert und planen, soweit überhaupt noch möglich, eher zurückhaltend. Eine präzise Kalkulation und Planung der kommenden Saison ist aber aktuell einfach nicht möglich. Kein Mensch kann uns sagen, wie die Lage morgen aussehen wird, geschweige denn, wie sie im Oktober sein wird. Deshalb bleibt nur vorsichtiges Planen und die Hoffnung, dass diese Planungen irgendwie aufgehen.

Trainiert auch das Team schon irgendwo, irgendwie?

Müller: Das Team trainiert in Kleinstgruppen beziehungsweise die Spieler alleine für sich. Unser Trainer Sergej Waßmiller steht mit allen Spielern in Kontakt und stellt Trainingspläne zur Verfügung. Aufs Eis werden wir aber so schnell vermutlich noch nicht gehen.

Haben die Spieler auch spezielle Corona-Klauseln in ihren Verträgen – wie in der DEL?

Müller: Wie ich bereits erwähnt habe, stand ein Großteil der Mannschaft beim Abbruch der vergangenen Saison bereits fest. Da waren die Verträge schon geschlossen. Nur wenige Spieler wurden nach Abbruch der Saison verpflichtet. Diese Neuverpflichtungen haben aber eine Corona-Klausel im Vertrag. Diese ist aber nicht mit einem Gehaltsverzicht wie in der DEL vergleichbar. Hier geht es einzig um ein Sonderkündigungsrecht des Arbeitgebers, falls die Saison nicht startet. Ein Gehaltsverzicht ist zumindest bei unserem Verein aktuell kein Thema. Das wäre aktuell einfach verfrüht und nicht zu vermitteln. Erst mal müssen wir abwarten, wie und ob die Saison stattfinden kann.

Wird in der Halle heuer normal Eis gemacht? Oder verzögert sich auch das?

Müller: Auch das ist noch nicht absehbar. Wir sind in regem Austausch mit den Verantwortlichen der Stadt Memmingen. Aber zum jetzigen Zeitpunkt kann hier keine Festlegung erfolgen. Dass es pünktlich Anfang September Eis geben wird, halte ich derzeit jedoch für unwahrscheinlich. Aber auch hier muss man die weiteren Entwicklungen abwarten.

Stehen Sie im Kontakt mit der Stadt? Gibt es schon ein „Corona-Konzept“ für Spiele in der Eissporthalle?

Müller: Wir erstellen im Moment in Zusammenarbeit mit der Stadt Memmingen ein Corona-Konzept für unsere Eishalle – zur Vorlage bei der Task-Force Eishockey des Deutschen Eishockey-Bundes. Die Task-Force wird die Konzepte aller Oberligisten dann mit der Politik besprechen und hoffentlich ein bayernweit einheitliches Vorgehen erreichen können.

Was passiert, wenn sich der Beginn der neuen Saison immer wieder verzögert?

Müller: Das kann ich nicht beantworten. Ich kann nicht für den Verband sprechen, und als Verein haben wir uns an dessen Vorgaben zu halten. Ich könnte mir aber vorstellen, dass man irgendwann eine rote Linie zieht. Und wenn die überschritten wird, dann wird es keine Saison geben.

Was ist, wenn die Saison ausfällt?

Müller: Sollte die Saison ausfallen, hätte dies weitreichende Folgen, die nicht absehbar sind. Ein Komplettausfall der Saison würde sicher die Arbeit der vergangenen Jahre zerstören und den Verein nachhaltig schädigen. Neben massiven finanziellen Konsequenzen würde sicher auch die zukünftige Qualität des gesamten Eishockeysports extrem leiden. Wenn Spieler über ein Jahr nicht ihrem Beruf beziehungsweise ihrem Hobby nachgehen können, werden sie sich Alternativen suchen. Ich denke, das würde die gesamte Sportlandschaft entscheidend verändern. Und leider nicht zum Positiven.

Wie machen Sie es heuer mit der Hauptversammlung, wie mit der Saisoneröffnung?

Müller: Wir werden versuchen, die Jahresversammlung ordentlich durchführen zu können. Schließlich stehen ja die Neuwahlen an – und das wollen wir ordentlich über die Bühne bekommen. Bisher fand die Versammlung immer im Juli statt. Eventuell werden wir sie in diesem Jahr etwas nach hinten schieben. Aber da müssen wir uns erst noch intern beraten.

Wie schaut es beim Sponsoring und bei der sonstigen Unterstützung aus?

Müller: Im Bereich des Sponsorings ist aktuell – Gott sei Dank – noch eine positive Entwicklung festzustellen. Unsere Partner sind treu und stehen uns auch größtenteils weiter zur Seite. Wir freuen uns sehr, dass unsere Sponsoren die Krise gut meistern konnten und uns auch nicht im Stich lassen. Dafür bedanken wir uns auch sehr herzlich. Selbstverständlich ist das in dieser schweren Zeit sicher nicht. Unsere Fans haben uns nach Abbruch der Saison großzügig mit Spenden unterstützt. Das beweist den hohen Stellenwert des Eishockeys in Memmingen. Wir sind auch dafür sehr dankbar. Wir werden bis auf Weiteres keine Dauerkarten verkaufen, auch wenn schon einige Fans danach gefragt haben. Es ist momentan einfach völlig verantwortungslos und gegenüber unseren Fans nicht fair, jetzt Dauerkarten zu verkaufen. Auch wenn wir uns freuen, dass uns so viele Anfragen erreichen, die Fans uns unterstützen und uns durch den Kauf der Dauerkarte etwas Planungssicherheit geben wollen, können wir aktuell keine Karten verkaufen. Wir wollen, auch zum Schutz unserer Fans, abwarten, bis der Saisonbeginn und der Ablauf absehbar sind.

Was fehlt Ihnen im Moment, was wäre aus Ihrer Sicht vonnöten?

Müller: Planungssicherheit. Aber die kann uns momentan niemand geben. Jetzt von der Politik eine Entscheidung für Spiele in vier Monaten zu verlangen, bringt nichts. Es hilft nur, die weitere Entwicklung der Krise abzuwarten und zu beobachten.



Dieser Artikel wurde uns mit freundlicher Genehmigung der Memminger Zeitung zur Verfügung gestellt. Herzlichen Dank an Manfred Jörg.

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